Für einen gegebenen Stromweg durch den menschlichen Körper hängt die Gefahr für Personen hauptsächlich von der Grösse und Dauer des Stromflusses ab. Jedoch sind die Zeit-Stromstärke-Bereiche, festgelegt in den folgenden Abschnitten, in vielen Fällen in der Praxis nicht direkt zur Bemessung des Schutzes gegen elektrischen Schlag anwendbar. Das notwendige Kriterium ist die zulässige Grenze der Berührungsspannung (d. h. das Produkt aus dem Wert des Stromes durch den Körper und der Körperimpedanz) als eine Funktion der Zeit. Die Beziehung zwischen Strom und Spannung ist nicht linear, weil sich die Impedanz des menschlichen Körpers mit der Berührungsspannung ändert und daher Angaben über diese Beziehung erforderlich sind. Die verschiedenen Teile des menschlichen Körpers - so wie die Haut, Blut, Muskeln, anderes Gewebe und Gelenke - bieten dem elektrischen Strom eine gewisse Impedanz, bestehend aus ohmschen und kapazitiven Komponenten. Die Werte dieser Impedanzen hängen von einer Zahl von Einflüssen ab, insbesondere vom Stromweg, der Berührungsspannung, der Dauer des Stromflusses, der Frequenz, dem Grad der Feuchte der Haut, der Grösse der Berührungsfläche, dem ausgeübten Druck und der Temperatur. Die in diesem Technischen Bericht angegebenen Impedanzwerte ergeben sich aus einer gründlichen Überprüfung der verfügbaren experimentellen Ergebnisse von Messungen an Leichen und an einigen lebenden Personen. Abschnitt 3 stützt sich in erster Linie auf die Ergebnisse bezüglich der Wirkungen des Stromes bei den in elektrischen Anlagen gebräuchlichsten Frequenzen von 50 Hz oder 60 Hz. Die genannten Werte werden jedoch auch für einen Frequenzbereich von 15 Hz bis 100 Hz als anwendbar betrachtet, weil Schwellenwerte von diesem Bereich höher sind als die vom Bereich 50 Hz oder 60 Hz. Es wird dabei grundsätzlich die Gefahr des Herzkammerflimmerns betrachtet, das den Hauptgrund für tödliche Unfälle in diesem Frequenzbereich darstellt. Unfälle mit Gleichstrom sind wesentlich weniger häufig, was von der Anzahl der Gleichstromanwendungen her zu erwarten ist, und tödliche Unfälle ereignen sich nur unter sehr ungünstigen Umständen, z. B. in Bergwerken. Das ist zum Teil durch die Tatsache verursacht, dass bei Gleichstrom das Loslassen der umfassten Teile weniger schwierig ist und dass für Zeiten eines elektrischen Schlages länger als ein Herzzyklus die Schwelle des Herz kammerflimmerns betrdchtlich höher ist als für Wechselstrom. Die wesentlichen Unterschiede zwischen den Wirkungen von Wechselstrom und Gleichstrom auf den menschlichen Körper ergeben sich aus der Tatsache, dass die erregenden Wirkungen des Stromes (Reizung von Nerven und Muskeln, Herbeiführung von Herzvorhof- oder Herzkammerflimmern) mit den Änderungen der Stromstärke, besonders bei Beginn und Ende des Stromflusses, verbunden sind. Um die gleichen erregenden Wirkungen zu erreichen, ist die Stromstärke bei konstantem Gleichstrom zwei- bis viermal grösser als bei Wechselstrom.